20. April 2006

Also schließen wir den Kreis: Als Student fuhr ich täglich Rad, trainierte am Institut auf den Profi-Ergometern und im Gym. Nur mit zwei, drei Stunden Sport am Tag war ich glücklich, ein Endorphin-Junkie. Wenn ich vom Training heimkommend auf dem Fahrrad saß, mit Höchstgeschwindigkeit durch den inneren Grüngürtel von Köln fuhr und anschließend aggressiv durch den Verkehr lavierte, erlebte ich unaussprechliche Hochgefühle. Alles schien möglich. Tatsächlich schaffte ich es in den Kreis der Professionellen, war mit einigen späteren Olympianiken bekannt, davon sprach ich immer gern. Was danach kam, erzählte ich gerade einmal Ursula. –

Ich pushte meine Grenzen und nahm die üblichen Mittel, die Kraft und Ausdauer fühlbar verbesserten. Nach einem mehrstündigen Training in der Eifel begannen meine Gelenke zu brennen, am folgenden Tag konnte ich kaum laufen – vor allem wegen meiner Knie. Schlimme Sehnenentzündung. Ich trug Bandagen, pausierte mehrere Wochen, sprach mit meinem Professor, konsultierte die Ärzte und bekam Medikamente. Ich trainierte sehr, sehr vorsichtig weiter und die Beschwerden wurden chronisch. Die Tage, an denen ich morgens aufwachte, meine Arme und Beine streckte und zufrieden war, waren nun gezählt, missgestimmte Stunden in der Überzahl. Die Knie taten weh, die Bänder sprangen fühlbar und machten Geräusche wie kleine bunte Tiere aus dünnen, verformbaren Blech, das beim Eindrücken und Zurück-in-Form-Springen Laute gab, Tag um Tag. Mit viel Geduld wurde es besser und ich schöpfte erste Hoffnung. Leider begann ich zu früh mit einem ausgedehnten Trainingsprogramm, ignorierte Schmerzen – auch weil ich sie wegsalbte. So beschädigte ich meine Knie dauerhaft. Nach einer weiteren Pause, ungezählten morgendlichen Belastungstests mit anschließendem langatmigen Aufbautraining im Gym mochten meine Knie keine schnellen, harten Belastungen. Eine Bänder-OP änderte nichts daran. Ich versuchte hartnäckig, meinen Defekt mit Muskelaufbau auszugleichen – längst war ich mit den Beinen der Stärkste in meinem Studio, ich kannte jeden Bewegungsablauf wie kein anderer, Winkel, Belastungsdauer, ich war extrem langsam und sehr bewusst – es nützte nichts. Dabei nahm ich alle möglichen Pülverchen: Magnesium, Glutamin und vieles, was die Regenerierung und den Muskelaufbau beförderte, auch Unerlaubtes. –

Nach weiteren sechs Monaten versuchte ich nochmals HIT oder Cardiotraining auf dem Trainingsrad, 15 Minuten bis zum Anschlag. Zweimal kam ich zumindest phasenweise in mein altes Tempo, ohne gleich ein Ziehen zu spüren, doch am nächsten Tag fühlte ich die Konsequenzen. Einfaches Gehen schmerzte, morgens, mittags, abends und an allen weiteren Tagen: Ein bleibender Defekt im Kniebereich – ich hatte mich so zu nehmen, wie ich war und das Beste daraus machen.

Nun wollte ich mir einen Körper aus festem Fleisch schaffen. Bei den Experimenten, die meine Knieprobleme beheben sollten, überschritt ich diese entscheidende Grenze, die sich nicht nur mit T-Shirt Größen belegen ließ. Ich verlor die Angst vor schlimmen Ergänzungsmitteln, die vertrug ich glänzend. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich aus diesen Selbstversuchen, dass einen diese Mittel bei richtiger Kontrolle sehr weit bringen konnten.

Doch welche Folgen haben diese Mittel auf meinen Verstand: Habe ich meinem Unfall wirklich so cool zugeschaut und mich mit einer Reaktion zurückgehalten?

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