21. März 2005

Ich habe am Navi immer die Frauenstimme ausgewählt. Irgendwie liebte ich ihre sanfte Mischung aus Penetranz und Machtlosigkeit. Auch an jenem Tag gab sie mir Anweisungen. Sie dirigierte mich zur Unterschweinstiege. Ich kam von dem gleichnamigen Lokal – mit Biergarten und einer Küche, die lokale Spezialitäten bot: Grüne Soße, Würste und natürlich Äpplewoi.

Von dort aus fuhr ich Richtung Flughafen, bog in den Kreisverkehr unter der Brücke ein, auf der die Autos über die B 43 rasten. Es regnete, aber es gab kein Aquaplaning. Unter der Brücke hervorkommend, wollte ich den Kreisverkehr verlassen. Etwas knallte, mein rechter Seitenspiegel brach ab. Danach ging alles sehr schnell, das Auto überschlug sich, es flog und prallte gegen den Beton. –

Die Bilder vom Danach machte die Polizei. Bremsspuren fehlten. -

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28. März 2005

Weit über drei Wochen, eine davon in Koma, die ich im Gipsbett lag. Reizstrom, Physiotherapie – viel zu lange war ich zu Nichtstun verdammt. Nun gewinne ich langsam meinen Körper zurück. Ich mache winzige Übungen, damit die Muskeln wieder erstarken und die irreparablen Schäden meines Skeletts ausgleichen, vielleicht tue ich sogar im Kleinen zu viel des Guten, das war schon immer so. -

Als Arzt habe ich mich um Menschen gekümmert und das Letzte aus ihnen herausgeholt, nun macht mich mein Zustand wahnsinnig. Wie lange muss ich das noch ertragen?

Der Unfall lässt mich nicht los. Welche Bahn hat mein Leben genommen und warum? Habe ich etwas verkehrt gemacht?

Mich verfolgt die Vorstellung, mit dem Wagen ins Grüne zu fahren und dies zu machen:

Unfallübung from Hans Brunkenhoffer on Vimeo.

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29. März 2005

Heute durfte ich zum ersten Mal aus dem Bett heraus. Sitze im Rollstuhl. Meine Frau hat mich sogar kurz nach Hause gefahren, vom Krankenhaus bekam ich Schmerzmittel – aber in meinem Büro stehen die Wirkstoffe, die mich wieder aufbauen werden!

Ursula hat mich gedrängt, ihr den Schlüssel für mein Büro zu geben, sie brauche unbedingt Unterlagen fürs Finanzamt. Warum ist sie da so hinterher? Kann das nicht warten? Mein Unfall ist so kurz her. Ich kann ich den Zugang nicht ohne jede Prüfung geben.

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7. April 2005

ZU SPÄT. Bei meinem zweiten Hausbesuch bemerkte ich, Ursula war schon drinnen, und es fehlen zwei Akten. Als sie beim Einkaufen war, suchte ich das Haus ab, schaute selbst in ihren Schränken nach, um zu sehen, was sie noch aus meinem Büro entwendet hatte, mühselig stemmte ich mich aus meinem Gefährt. Später fragte ich nach, ob es nur der Steuerordner war, der sie interessierte. Meine Unterlagen gingen sie nichts an!

Ursula hörte mich an und behauptete, nichts gesucht zu haben. Sie begründete nicht, warum sie nicht mich vorher gefragt hatte – wie so oft, wenn sie mir etwas erklären sollte, schaute sie mich so an.

Später fuhr sie mich zurück ins Krankenhaus. Wir schwiegen.

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8. April 2005

Warum habe ich NICHT gebremst – diese zugegeben komische Frage verfolgt mich, seit ich wieder bei Bewusstsein bin. Die Polizei hat nicht nur mich deswegen befragt, sondern auch Ursula. Fällt das unter Stressphänomene, Nebenwirkungen meiner Mittel oder nagt etwas an mir? Für Antworten auf diese Fragen ist es noch zu früh.

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9. April 2005

Es war der Hals, den es am stärksten erwischt hat und der nun in der Reha regelmäßig untersucht wird, aber auch die linke Schulter, den rechten Ellbogen und das linke Knie. Auf diese Weise sind mir viele Bewegungen und Belastungen versagt, vor allem, gleiche Muskelpartien parallel zu trainieren – unmöglich.

Ich ignoriere den Doktor, der ausschließlich strikte Bettruhe verordnet, ich sage ihm, dass es zwei Schulen gibt: Die eine hält still und macht höchstens Dehnungsübungen mit der Schwester – mal von den äußerlichen und angenehmen Effekten der Schwester abgesehen, die ja nur eine bestimmte Stelle betreffen und welche fast schon jungfraulich überspannt ist, ist mir das zu wenig Durchblutung. So heile ich nicht.

Ich vertrete die zweite Schule, die Sport treibt, selbst wenn die Knochen kaputt sind, ich halte es mit der Philosophie der Arbeit an sich selbst, des Grenzüberschreitens: Mag die Hardware ihre schweren, lokalen Defekte haben, wir bauen da drumrum neues Gewebe! Ich arbeite an Schultern und aktiviere die Halswirbel, ich mache Schulterübungen oder stärke Muskeln in der Hand; ich übe Füße für die Unterschenkel und taste mich an die kaputten Partien heran, bis dort wieder etwas geht – mich vorsichtig mit improvisierten Gewichten in die Gelenke tastend, mit Gläsern, Büchern und Wasserflaschen anfangend, Stufe für Stufe mehr, immer genau darauf achtend, ab welchem Gewicht und ab welcher Wiederholung der Schmerz anfängt; um eine Weile auf ihm herumzureiten, vorsichtig natürlich, und genau den Winkel analysierend, in dem ich kein Ziehen oder Stechen spüre. So geht Körperaufbau! –

Sobald ich mich freier bewegen kann, ohne auf die Hilfe meiner Therapeuten angewiesen zu sein, nutze ich sicher Therapien, die umstritten sind. Dazu gehören auch Stromimpulse für alle Bereiche meines Körpers, die im Gym angeboten werden. Ich denke auch an starke Ergänzungsmittel. Sie sollten nicht zu schnell zu viel Leistung ermöglichen und somit die Verletzungen unverhältnismäßig belasten, doch sie sollten etwas bewirken, die Regeneration beschleunigen. Am liebsten wäre mir ein gezielter genetischer Eingriff für eine Nullkommanichts-Genesung, so ein Mittel, das bei Mäusen ein enormes Muskelwachstum auslöst. Letztlich kann Gewebe so hart wie Knochen sein. Es würde wie ein eigenes System Knochen und Bändern stützen, eine zweite Schale quasi, wie diese Anzüge von Sci-Fi-Soldaten.

Unglaublich, wie weit ich für ein paar unachtsame Momente am Steuer gehen muss. Man wächst an den Herausforderungen!

 

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10. April 2005

Es gibt niemanden, der so hart an sich arbeitet wie Claude van Damme und es schafft, selbst im fortgeschrittenen Alter solche Stunts zu machen. Kaum einer dieser Hollywooddarsteller hält seinen Körper (hypertrophe Muskeln und doch Spagat) derartig fit und baut ihn so um. Sein Personal-Trainer hat mir Einblick in das Programm, die Diät, die Nahrungsergänzungsmittel und den Trainingsplan für seinen Film Quest – die Herausforderung verraten. Wenn ich hier raus bin, werde ich darauf zurückgreifen!

Claude bringt sich für seine Filme immer in Bestform. Für ihn ist das Leben einfach zu kurz, um auf das Glück zu warten – er musste lang genug als Türsteher darauf lauern. Für besagten Film musste er mehr Muskelmasse und Definition aufbringen als jemals zuvor. Ihm standen nur fünf Monate zur Verfügung und die entscheidenden Veränderungen erreichte er in den letzten drei bis vier Monaten. Claude hat in der Endphase seinen Schlaf auf 5-6 Stunden reduziert und zwischendurch kleine Nickerchen eingelegt, um die täglichen Aufbau- und Ruherhythmen optimal auszuschöpfen. Dass er sich derart fokussieren konnte, dankte er besonders der Beziehung zu seinem Trainer: Beide brachten ähnliche Ausdauer- und Kraftniveaus mit und entwickelten eine produktive Rivalität.

Genau das war mein Geheimrezept als Trainings-Sportarzt, wenn es darum ging, absolute Topergebnisse aus meinen Kunden herauszuholen: Beispiel sein, inspirieren, selber anpacken! Das sind die Motivations- und Trainingsmethoden der Top-Trainer! Um mir das zu bestätigen, habe ich mit so manchen dieser PT an der Theke gehangen und sie hübsch betrunken gemacht. Von Motivation verstehen die Ärzte hier im Haus nichts. Für die bin ich die Multi-Fraktur, für die sie nur Standardmaßnahmen ergreifen. Mit der Nase im Schlitz muss ich noch dazu die Zweifel von Physiotherapeuten hören.

Alon Shabo

 

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12. April 2005

„Fitness ist die Fähigkeit, tägliche Vorhaben (Arbeit und Spiel) mit unbändiger Kraft und Aufmerksamkeit voranzutreiben, und sich mit überschießender Kraft und frei von Müdigkeit in der Freizeit zu vergnügen bzw. unvorhersehbare Notfälle zu bewältigen.“ (Clarke 1976)

Da muss ich wieder hin. Dann stelle ich mich meinen Fragen.

Wenn ich es auf den Punkt bringe, geht es um Attraktivität, oder?

Und ja, es geht um körperliche Anstrengung. Fraglos, mindestens 20 Minuten am Tag braucht es, in meinem Fall viel mehr! Dazu das richtige Essen – letzteres empfinde ich inzwischen als das größte Problem in dieser Klinik. Es nützt nichts, in den Tank eines Ferraris zu pissen und dann mit 200 über die Autobahn fahren zu wollen!

Also kein verkochtes Gemüse. Frisches Gemüse = Athletisches Gemüse!

 

obst

 

So etwas macht schlank, verhindert Krebs und schützt die Zellen! Das verdampfte Zeug hier erzeugt nur Nebel im Kopf! Die Körperzustände danach gleichen einer Kette von schlimmen Katastrophen: Mattigkeit, Lustlosigkeit, sie nehmen einem das Selbstbewusstsein! Es gibt nur einen Weg: Entweder man steht hinter seinen Zielen oder nicht. Also verweigere ich diese Kost aus Labberfleisch, Matschgemüse, Mürbekartoffeln und Sabberpuddings. Da kommt man noch nicht einmal auf die Idee, nach dem Essen Sex mit der Krankenschwester haben zu wollen! Also frisch aufgesetzt: Eine Einkaufsliste für frische Salate, frischem Obst und Gemüse – meine Frau macht das schon. Auch das mit der Zubereitung.

Mein Weg mag hart sein, zeitaufwendig und schwitzig, aber ER MACHT MICH GLÜCKLICH! SEHR SOGAR!

Alle Studien belegen das! Ich brauche diese Spirale zum Himmel: Ziele setzen, Planung, Deadline, Willenskraft und Disziplin, Gelingen und Stolz und noch höhere Ziele setzen, usw. Damit aktiviert man Endorphine, sie machen uns klüger und sexier! Mit ihnen entsteht die stahlharte Selbstgewissheit, die es braucht, sich selbst aus so schlimmen Rückschlägen wie dem meinen herauszuarbeiten. Die Fitness, die ich anstrebe, feiert  Körper und Geist. Jeden Tag!

(Alon Shabo)

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